Pierre Brebiette, der zu seinen Lebzeiten großes Ansehen genoss, zählt heute eher zu den Kleinmeistern auf dem Gebiet der französischen Radierkunst. Mariette noch hob das Geistreiche seiner Zeichnungen hervor, und in der Tat zeigen besonders die mythologischen Darstellungen, die neben den religiösen sein Werk bestimmen, Variation und Erfindungsreichtum. Brebiette hielt sich zwar oft an die klassische Überlieferung, schuf jedoch durch seine knappe, freie Wiedergabe und gelegentlich sehr phantasievolle und gewagte Figurenerfindung und -anordnung eine Art „mythologischer Capricci“, in denen er künstlerische Normen vernachlässigte und sehr persönliche Vorstellungen Ausdruck verlieh. Da seine Blätter immer wieder Themenkreise der in Paris geschätzten Dichter G. B. Marino und Louis de Neufgermain, mit dessen Tochter Brebiette verheiratet war, aufgriffen, fanden sie entsprechenden Anklang.
Entscheidend für seine handwerkliche wie geistige Ausbildung war ein längerer Aufenthalt zwischen 1607 und 1625 in Italien. In Rom studierte Brebiette die barocke Monumentalmalerei Annibale Carraccis und dessen unmittelbarer Nachfolger Domenichino und Lanfranco, die ihm einen soliden Formenschatz lieferten. Daneben kopierte er Reliefs antiker Sarkophage, deren Figurenreihung seine friesförmigen Kompositionen bestimmte. Schließlich boten die Radierungen Antonio Tempestas und älterer italienischer Künstler Anregungen für eigene graphische Umsetzungen.
Der Mangel an „korrekter“ Zeichnung, den ihm schon Mariette vorgeworfen hat, zeigt sich besonders an der Ausführung der Figuren. Dadurch erscheint Brebiette gelegentlich noch dem 16. Jahrhundert künstlerisch verwandter als dem eigenen.