Das begabteste Mitglied einer Künstlerfamilie flämischer Herkunft begleitete schon elfjährig seinen Vater Noël nach Rom, wo dieser als Nachfolger von Ch. Errard die Leitung der Académie de France übernahm.
Neben dem Studium der klassischen römischen Malerei arbeitete der sehr erfolgreiche Schüler u.a. in der Werkstatt Gianlorenzo Berninis und erlebte damit unmittelbarer als seine Landsleute die Einflüsse des römischen Hochbarock. Auf der Rückreise nach Paris 1675/76 lernte er in Parma und Venedig außerdem die Werke Correggios, Tizians und Veroneses kennen. Mit diesen ungewöhnlich vielseitigen Erfahrungen waren die Voraussetzungen für eine erfolgreiche künstlerische Laufbahn in Paris geschaffen. Einflussreiche Gönner förderten ihn – er wurde Hofmaler des Herzogs von Orléans und dessen Sohn, dem Duc de Chartres. Seit 1681 gehörte er der Akademie an, deren höchste Ehrenstellung, das Rektorat, er 1716 erhielt. Im theoretischen Streit zwischen den „Poussinisten“ und den „Rubenisten“ bezog er eindeutig die Stellung der letzteren, was er auch in Kommentaren und Abhandlungen zur Malerei begründete.
1699 hielt der zukünftige Regent, der Duc de Chartres, Coypel davon ab, nach England überzusiedeln und beauftragte ihn wenig später mit dem für den Künstler wohl wichtigsten Unternehmen, der Ausgestaltung der Grande Galerie im Palais Royal mit Szenen aus Vergils Aeneis. Die für die französische Tradition ungewöhnlich illusionistische Wirkung der Deckengemälde (nach ihrer Zerstörung sind sie heute nur noch in Stichwerken überliefert) trugen zu Coypels Ruhm bei, so dass der König ihn in Konkurrenz mit La Fosse zur Ausmalung des Gewölbes der Schlosskapelle von Versailles heranzog.
Darüber hinaus bekleidete Coypel hohe Ämter: 1710 wurde er Direktor der königlichen Gemäldesammlungen, 1715 „Premier Peintre du Roi“, ein Jahr später sogar in den Adelsstand erhoben.
Coypel wird immer wieder als das Bindeglied zwischen Le Brun und Watteau genannt. Diese scheinbar unvereinbaren künstlerischen Auffassungen lassen sich besonders in seinem zeichnerischen Œuvre aufzeigen. Seine Vorliebe und sein Einsatz der „trois-crayons“-Manier in Anlehnung an flämische Vorbilder beweisen den für die damaligen Verhältnisse modernen Kolorits, der durchaus Anklänge an die neue Betrachtungsweise und Bewertung der Zeichnung erkennen ließ. Jedoch blieb er im Umgang mit dem Medium und im Hinblick auf die Vorbereitung einer Komposition ganz dem traditionellen Stil Le Bruns verhaftet.