1944, im Alter von drei Jahren, ist Timm Rautert mit seiner Mutter auf der Flucht, mit dem letzten Zug aus Westpreußen kommen sie nach Westdeutschland. In Fulda lassen sie sich nieder. Dort besucht Rautert ab 1957 ein katholisches Internat und absolviert im Anschluss eine Ausbildung zum Schaufenstergestalter, Schrift- und Plakatmaler. 1965 nimmt Rautert an der von Oskar Kokoschka 1953 gegründeten Sommerakademie in Salzburg teil und studiert ab 1966 bei Otto Steinert in der Klasse für Fotografie an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen. 1971 verlässt er die Hochschule und erhält den Folkwang Preis für das beste Diplom seines Jahrgangs. Rauterts erste Einzelausstellung findet 1972 in der Fotogalerie der Staatlichen Landesbildstelle in Hamburg statt. Zwischen 1968 und 1974 entsteht in Zusammenarbeit mit dem Kunsthistoriker Manfred Schmalriede die Werkreihe „Bildanalytische Fotografie“, die erstmals 1973 in der Spectrum Photogalerie in Hannover ausgestellt wird. Ab 1969 unternimmt Rautert Reisen in die USA, wo er unter anderen Walter De Maria und Andy Warhol persönlich trifft. Ab 1970 ist er als Fotojournalist für das „Zeit-Magazin“ und die Zeitschrift „Publik“ tätig, 1971 zeigt er seinen ersten Film bei den Internationalen Kurzfilmtagen in Oberhausen. Gemeinsam mit dem Autor Michael Holzach veröffentlicht Rautert in den 70er- und 80er-Jahren Reportagen zu sozialen Themen, darunter „Deutschland umsonst – Zu Fuß und ohne Geld durch ein Wohlstandsland“ (Hamburg 1982) und „Zeitberichte“ (München 1985). Seit den 1970er-Jahren ist Rautert auch für Auftraggeber der Wirtschaft und Industrie tätig, darunter die Bayerische Rückversicherung, die Lufthansa und BMW. Von 1978 bis 1981 ist Rautert als Fotograf bei der Zeitschrift „Geo“ unter Vertrag. Ab 1992 arbeitet er gemeinsam mit den Wissenschaftlern und Autoren Ulrich Beck, Wilhelm Vossenkuhl und Ulf Erdmann Ziegler an dem Projekt „eigenes Leben. Ausflüge in die unbekannte Gesellschaft, in der wir leben“, das in Form einer Publikation (München 1995) sowie einer internationalen Wanderausstellung der Goethe-Institute 1995 realisiert wird. Rautert zeigt sein Werk in Einzelpräsentationen, unter anderem in: Kunstverein in Hamburg (1974), Museum Folkwang, Essen (1980), Ruhrlandmuseum Essen/Landesmuseum für Technik und Arbeit, Mannheim (1992), Museum der bildenden Künste Leipzig/Sprengel Museum Hannover/Rheinisches Landesmuseum Bonn (2006–2008), Forum für Fotografie Köln (2010) und Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (2016). Weiterhin ist sein Werk in zahlreichen Gruppenausstellungen zu sehen, darunter: „Unterwegs zum Paradies. 3. Weltausstellung der Photographie“ (Wanderausstellung 1973), „Photography as Art – Art as Photography/Fotografie als Kunst – Kunst als Fotografie“ (Musée Nicéphore Niépce, Chalon-sur-Saône/Fotoforum Kassel, 1975/76), „Künstler verwenden Fotografie“ (Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart, 1982), „Der verzeichnete Prometheus. Kunst, Design, Technik. Zeichen verändern die Wirklichkeit“ (Museum Folkwang, Essen/Museum für Gestaltung, Basel, 1988/89), „Die Zweite Schöpfung. Bilder der industriellen Welt vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart“ (Martin-Gropius-Bau, Berlin, 2002), „Street and Studio. An Urban History of Photography“ (Tate Modern, London, 2008), „(Mis)Understanding Photography. Werke und Manifeste“ (Museum Folkwang, Essen, 2014) und „The Camera Exposed“ (Victoria and Albert Museum, London, 2016). Von 1993 bis 2008 ist Rautert an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig Professor für Fotografie, zu seinen Studierenden gehören unter anderen Ricarda Roggan, Sebastian Stumpf und Tobias Zielony. Rautert wird 2008 als erster Fotograf mit dem Lovis Corinth-Preis ausgezeichnet und für sein Lebenswerk geehrt.