Um 1611/12 wurde Hendrick van Vliet in Delft geboren. Nachdem er bei seinem Onkel, dem Delfter Historien- und Portraitmaler Willem van Vliet, und bei Michiel Jansz. van Miereveit seine Ausbildung erhalten hatte, trat er am 22. Juni 1632 der Delfter St. Lukasgilde bei. Zunächst malte Van Vliet Portraits - das erste datierte Bildnis ist aus dem Jahr 1636 erhalten -, die deutlich durch seinen Onkel und ab den frühen 1640er Jahren auch von Anthonie Palamedesz. beeinflusst sind. Zu Beginn der 1650er Jahre entstanden die ersten Architekturstücke, die dem Vorbild von Gerard Houckgeest und Emanuel de Witte folgen. Sie zeigen zumeist Ansichten von existierenden Bauwerken, wie das erste datierte Architekturstück von 1652, das eine Innenansicht der Pieterskerk in Leiden zeigt. Zu Van Vliets häufigsten Motiven zählen neben der Oude und Nieuwe Kerk in Delft die Hauptkirchen von Gouda, Haarlem, Den Haag und Utrecht. In Delft arbeitete er weitgehend ohne Konkurrenz. Nur Cornelis de Man malte einige Architekturstücke, die deutlich von Van Vliet abhängig sind. Offenbar malte Van Vliet für eine große Nachfrage, denn neben sorgfältig ausgearbeiteten Werken gibt es schnell angefertigte, eher kleinformatige Architekturbilder. Im Spätwerk treten formelhaft wirkende Interieurs auf, welche die Mitarbeit eines Assistenten nahelegen. Dass Van Vliet vorwiegend calvinistische Kirchen malte, lässt keine Rückschlüsse auf seine Konfession zu: 1653 lebte er in Delft in der Nähe des Bagijnhof in einer vorwiegend katholischen Umgebung. Der Maler verstarb 1675 in Delft und wurde am 28. Oktober in der Oude Kerk begraben.
Obgleich seinen Kompositionen reale Vorbilder zugrunde liegen, veränderte Van Vliet häufig die Proportionen der Architektur, um den räumlichen Charakter zu steigern. Im Gegensatz zu anderen Architekturmalern, die wie beispielsweise Anthonie de Lorme mit spezialisierten Figurenmalern zusammenarbeiteten, stammte die Staffage zumeist von seiner Hand. Spielende Kinder und Hunde oder geöffnete Gräber zählen zu seinen beliebtesten Motiven. Die Interieurs sind von einem kalten Licht erfüllt; oft überwiegen grünliche Töne, die eine feuchte und kühle Atmosphäre erzeugen.