Bildnis Erna mit Hut, Ernst Ludwig Kirchner
Ernst Ludwig Kirchner
Bildnis Erna mit Hut
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Dieses Werk besteht aus mehreren Teilen

Ernst Ludwig Kirchner

Bildnis Erna mit Hut, ca. 1917


Blatt
500 x 381 mm
Material und Technik
Rohrfeder in blaugrauer Tinte, Blindlinien (trockene Rohrfeder?) und Bleistift auf weiß gestrichenem Velin-Karton (halbmatt)
Inventarnummer
16242
Objektnummer
16242 Z
Erwerbung
Erworben 1954/1955 als Schenkung der Erben aus dem Nachlass des Künstlers
Status
Kann im Studiensaal der Graphischen Sammlung vorgelegt werden (besondere Öffnungszeiten)

Texte

Über das Werk

Ernst Ludwig Kirchner begegnete seiner Lebensgefährtin Erna Schilling (1884–1945) 1912 in Berlin. Verschiedene Bildnisse aus den ersten Jahren ihrer Beziehung schildern ihr markantes Gesicht und den strengen Pagenschnitt ihrer Frisur. In dieser Rohrfederzeichnung jedoch scheint Kirchner weniger das charakteristische Aussehen seiner Freundin zu interessieren, weder Anmut noch Liebreiz, als vielmehr deren Gemütszustand. Rasant und dabei nervös wirken die langen Federstriche und die wenigen Parallelschwünge, mit denen er die leichte Neigung des Kopfes beschreibt. Fahrig verwischte Partien kennzeichnen eine Augenbraue und den Haaransatz, der unter ihrem Hut hervorschaut, der mit wenigen dekorativen Kürzeln versehen ist. Der gesenkte Blick aus tiefdunklen, großen Augen wirkt im Kontrast zu den benachbarten, gebündelten Strahlen resigniert. Gemeinsam mit dem fest geschlossenen Mund, dessen schmale Lippen durch zwei knappe übereinandergesetzte Linien betont sind, wird eine tiefe Traurigkeit zum Ausdruck gebracht. Nachdem Kirchner mit der Rohrfeder vor allem die zur Beschreibung des Gemütszustandes wesentliche Zeichnung ausgeführt hatte, nahm er skizzierend mit dem Bleistift eine beschwichtigende Einbindung der Figur in den Raum vor. Das Zusammenspiel aus der konzentrierten Wirkung der Federzeichnung in blaugrauer Tinte und dem leichten Silbergrau des Graphits geben dem Bildnis eine melancholische Ausstrahlung.

Man weiß, dass es Kirchner selbst war, der seinem Umkreis zur Zeit der Entstehung dieser Zeichnung große Sorgen bereitete. Ähnlich wie Max Beckmann war der Künstler im Einsatz während des 1. Weltkrieges 1915 aufgrund psychischer Erkrankung freigestellt worden, aber weiterhin von der Angst vor einer erneuten Rekrutierung verfolgt. Wechselnden Behandlungen in Sanatorien in Königstein im Taunus und in Berlin folgte 1917 ein erster Aufenthalt in Davos. Bevor er hier, in der Schweizer Bergwelt, schließlich die längste Zeit seines Lebens verbringen sollte, begab er sich im Herbst 1917 für zehn Monate ins Sanatorium Bellevue in Kreuzlingen am Bodensee, wo man sich seines gesundheitlichen Zustandes annahm, der als hoffnungslos galt. Die Vorstellung, die formulierte Traurigkeit Ernas auch als einen Spiegel seines eigenen Befindens zu verstehen, ist naheliegend.

Die Beschlagnahmungen der Aktion »Entartete Kunst« im Jahre 1937, während des Nationalsozialismus, hatten den Sammlungsbestand des Städel dramatisch reduziert. Die Schenkung dieser und weiterer Zeichnungen Kirchners aus dem Nachlass des Künstlers bilden heute gemeinsam mit seinen Werken aus dem Vermächtnis Carl Hagemann einen Schwerpunkt der Graphischen Sammlung in der Kunst des 20. Jahrhunderts.

Über die Erwerbung

Als Ernst Ludwig Kirchner sich im Juni 1938 in der Schweiz das Leben nahm, stand der Zweite Weltkrieg noch bevor. Erst acht Jahre nach dessen Ende gelang es Walter Kirchner, dem Bruder des Künstlers, den Nachlass vollständig in die Bundesrepublik zu überführen. Die Direktion des Städel Museums zeigte rasch großes Interesse, insbesondere an Arbeiten auf Papier. Im Zuge der Ankäufe kam es auch zu Schenkungen, da die Erbengemeinschaft mit dazu beitragen wollte, die durch die Beschlagnahmeaktion „Entartete Kunst“ 1937 in zahlreichen deutschen, modernen Museumssammlungen gerissenen Lücken wieder zu füllen.

Werkdaten

Werkinhalt

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Letzte Aktualisierung

15.11.2024