Über das Werk
David Hockneys Bildnisse, ob gezeichnet, gemalt oder gedruckt, konzentrieren sich auf ihm nahestehende Menschen, seine Eltern, Liebhaber und Freunde. Die gegebene Vertrautheit spiegelt sich in einem spürbar subjektiven Blick auf seine Modelle. Einfühlend berücksichtigen seine Kompositionen die äußere Erscheinung einer Person und zugleich berichten sie diskret von Wesen und Befindlichkeit.
Virtuos beherrscht Hockney das Zeichnen mit der Feder. Wie vor ihm Henri Matisse gelingt es ihm, den dünnen, schwarzen Linienfluss zügig und entsprechend konzentriert über das Papier zu führen. Sparsam und präzise beschreibt er die beiden Männer, die sich auf einer Couch niedergelassen haben. Der im Vordergrund sitzende Jüngere mit abwesendem, nach innen gekehrtem Blick ist entspannt zurückgelehnt. Hinter ihm, in die Tiefe eines beliebig bleibenden Raumes führend, liegt ausgestreckt der bärtige, erkennbar Ältere, den Kopf durch ein weiches Kissen gestützt. Gegenwärtig umfasst er das neben sich abgesetzte Glas und hält, durch seine Brille blickend, den Augenkontakt zum Zeichner.
Insgesamt ist dem Unterschied der Physiognomien ebenso viel Ausdruckskraft zuzuschreiben wie dem aussagekräftigen Kontrast der Kleidung. Konturierende Linien und minimale Binnenzeichnung vermitteln modische Lässigkeit in Hemd, Krawatte und Gürtelschnalle sowie behäbige Gelassenheit in Anzug und Hosenträger. Der Zeichner ist seinen Modellen nahe zu Leibe gerückt, um die jeweilige Physis in ihrer ungezwungenen Präsenz zu charakterisieren. Die gewählte Komposition könnte wie die Wiederholung eines photographierten Momentes wirken. Doch allein im Prozess der unmittelbaren Beobachtung erzeugte der Künstler mit geradezu psychologischem Gespür diese zeitlose, ermüdet passive Stimmung unter den Anwesenden.
Die Dargestellten des Doppelbildnisses sind im Titel benannt. Im Unterschied zu Eugene ist Henry in vielen Werken Hockneys festgehalten. Seit Mitte der sechziger Jahre, als Henry Geldzahler (1935–1994) als Kurator für amerikanische Kunst des 20. Jahrhunderts am Metropolitan Museum of Art in New York tätig war, waren sie enge Freunde. Zu jener Zeit begann Hockney, sich für Motive seiner Umgebung zu interessieren. Im Unterschied zu den bisher erdachten Szenerien und Illustrationen literarischer Vorlagen wurden seine Bilder nun auch von der Welt der kalifornischen Villen, ihrer Swimmingpools und Interieurs bestimmt. Erst im Zuge dieser Entwicklung studierte der Künstler auch die menschliche Anatomie nach der Natur. Das Bildnis sollte nun zu einer wesentlichen Gattung seiner Kunst werden.