Über das Werk
Dieses bislang unbekannte Gemälde ist Ende 2017 als großzügige Schenkung aus Privatbesitz in die Städel-Sammlung gelangt. Es zeigt einen sitzenden Heiligen in Halbfigur, der die Hände zum Gebet gefaltet hat und sich auf einen Bücherstapel stützt. In einer plötzlichen Drehbewegung wendet sich der weißhaarige Alte um und richtet den Blick zum Himmel, als würde ihm dort ein Engel oder der Herr selbst erscheinen. Aus derselben Richtung fällt ein heller Lichtstrahl ein und lässt ihn aus dem Dunkel aufleuchten. Sein nackter Körper, den nur ein um die Lenden und den linken Arm geschlungener Mantel bedeckt, ist kräftig, aber von Alter und Entbehrung gezeichnet. Offenbar handelt es sich um einen Heiligen, der sein Leben mit Buße und Gebet als Eremit in der Einöde verbringt. In Frage kämen der Heilige Paulus Eremita, vielleicht auch Hieronymus oder Bartholomäus; eindeutige Attribute fehlen jedoch.
Stilistisch lässt sich das Bild mit hoher Wahrscheinlichkeit dem römischen Barockmaler Giacinto Brandi zuschreiben, der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zahlreiche bedeutende Kirchen mit Fresken und Altarbildern ausstattete. Zeitweise stand er der Malerakademie in Rom (Accademia di San Luca) vor. Als ein spätes Zeugnis der von Caravaggio und Ribera begründeten Hell-Dunkel-Malerei ergänzt das Werk den Städel-Bestand an Barockgemälden aus Rom und Neapel trefflich.