Über das Werk
In blauschwarzer Nacht setzen sich schwarze Linienformationen von einer gräulichen, schmutzig anmutenden Fläche ab; eine Mondsichel sinkt zum niedrigen Horizont. Zwei im Unendlichen sich treffende Diagonalen ziehen den Blick des Betrachters in die Bildmitte, zwei geschwungene Horizontalen leiten ihn wieder aus dem Bild heraus. Im Hintergrund entsteht durch weiche Farbverläufe samtige Tiefe. Die gestische Komposition aus geschwungenen, grazilen Linien gleicht einem chinesischen Hanzi, ist dabei aber zu abstrakt konstruiert, um sich sinnstiftend in die Schriftsprache einzufügen. Als einer der Hauptvertreter des deutschen Informel sucht Hartung nach einer abstrakten, ebenso emotionalen wie expressiven Bildsprache. Seine Arbeit steht bewusst im Kontrast zur konstruktiv-formalistischen Bauhaus-Abstraktion. Die Entscheidung für ein lyrisch-emotionales Informel und gegen die strenge Geometrie stellt für ihn eine bewusste Geste der Freiheit dar.
Über die Erwerbung
Mit der Schenkung des Ehepaars Margarethe und Klaus Posselt erhielt das Städel Museum einen wesentlichen Zuwachs für seine Sammlung der Gegenwartskunst. Das herausragende Konvolut umfasst bedeutende Werke deutscher Künstler mit Schwerpunkt auf den 1950er- und 1960er-Jahren. 2011 wurden insgesamt 13 Gemälde, 9 Objekte und 48 Grafiken dem Städel Museum übergeben. Margarethe Posselt begann ihre Sammlertätigkeit gemeinsam mit ihrem Ehemann in den 1960er-Jahren in Frankfurt. Mit dem „Kunstraum MI Posselt“ gründete sie 1992 eine Galerie für zeitgenössische Kunst in Bonn.