Über das Werk
Einem Heiligenbild vergleichbar gruppierte Franz Pforr ein Dreigestirn italienischer Renaissancekünstler auf einer Cumulus-Wolke. Sorgsam, mittels feinster Schraffuren modellierte er ihre Plastizität und bewahrte so die ausgewogene Klarheit seiner Zeichnung. Die versatzstückartig komponierten Figuren wirken statuarisch unverrückbar. Links der jugendlich selbstbewusste Raffael, im Zentrum der in frommer Andacht versunkene Fra Angelico und sitzend der alte, melancholisch nachdenkliche Michelangelo. Als Repräsentanten eines künstlerischen Programms schweben sie hoch über einer Ansicht der Stadt Rom mit den imposanten Architekturen von Vatikan, Petersdom und Engelsburg.
In Ablehnung des akademischen Lehrbetriebs hatte der junge Künstler 1809 in Wien den »Lukasbund « mitbegründet. Im Frühjahr 181o brachen die »Brüder« nach Italien auf und reisten auf den Spuren Dürers über Venedig nach Rom, wo sie als Gemeinschaft in Zellen des aufgelösten Klosters San Isidoro lebten. Im Vatikan konnten sie Fresken der drei gezeichneten Künstler bewundern. Auch wird Pforr die einzige gotische Kirche Roms, Santa Maria sopra Minerva, aufgesucht haben. Hier sah er Michelangelos Marmorstatue des auferstandenen Christus mit dem Kreuz (1521) und auch die Grabplatte Fra Angelicos mit dem Bildnis des Malers, das seiner gezeichneten Figur weitgehend als Vorbild diente. Das Antlitz Raffaels hingegen entlehnte er einem Kupferstich in den »Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders« (1797). Diese von W. H. Wackenroder verfasste Programmschrift war von beträchtlichem Einfluss auf die Ideen der nazarenischen Kunstbewegung. An die deutsche Kunst ihrer Zeit gerichtet, forderte sie Empfinden wie neues religiöses Erleben, widmete sich der von Pforr in hohem Maße geteilten Verehrung für Dürer, schilderte die Sehnsucht nach Italien und versammelte Lebensbeschreibungen seiner berühmten Künstler.
Die in Pforrs Werk stilistisch und inhaltlich herausragende Bleistiftzeichnung ist als anschaulicher Ausdruck des Willens und der Hoffnung zu verstehen, in einer Vereinigung deutscher und italienischer Tradition eine neue Kunst zu verwirklichen. Nach dem frühen Tod des Künstlers gelangte sie in den Besitz des Jugendfreundes Johann David Passavant. Nach einer Ausbildung zum Maler hatte Passavant von 1817 bis 1824 im Kreis der Nazarener in Rom gelebt, bevor er als Historiker und Kunstgelehrter 1840 zum Inspektor des Städelschen Kunstinstituts ernannt wurde. Durch sein Vermächtnis gelangte ein Konvolut an Zeichnungen Franz Pforrs in die Sammlung, das seinesgleichen sucht.
Über die Erwerbung
Johann David Passavants (1787 – 1861) Lebenslauf war ungewöhnlich. Zunächst in Frankfurt zum Kaufmann ausgebildet, entwickelte er sich ab 1817 zu einem nazarenischen Maler und wurde schließlich zum Mitbegründer einer wissenschaftlich orientierten Kunstgeschichte. Sein 1839 erschienenes Werk Rafael von Urbino und sein Vater Giovanni Santi gilt als einer der Grundpfeiler der Kunstforschung. Gewidmet hatte es der Autor der „hochwohllöblichen Administration“ des Städels, die das Forschungsunternehmen wie die Drucklegung unterstützt hatten. Dem Institut war er schon lange eng verbunden, bereits seit 1817 beriet er das Haus bezüglich der Kunstankäufe. 1840 schließlich trat Passavant die Stelle des Galerie-Inspektors am Städelschen Kunstinstitut an. Der Künstler und Kunstwissenschaflter legte auch selbst eine kleine private Sammlung an. Bereits zu Lebzeiten vermachte er dem Städel einzelne Kunstwerke, mit seinem Vermächtnis 1861 folgten weitere Objekte.