Über das Werk
Zerlumpt und abgerissen ist Ratapoils Kleidung, seine Pose dafür übertrieben vornehm. Der Körper der Figur scheint der Darstellung dieser Diskrepanz zum Opfer gefallen zu sein. Die damals politisch hochbrisante Typenkarikatur zeigt einen Agenten der inoffiziellen Polizeitruppen, die Louis Napoléon Mitte des 19. Jahrhunderts im Kampf um die französische Kaiserkrone einsetzte. Zu einer Zeit, in der das Medium Skulptur noch stark vom Klassizismus geprägt war, schuf Daumier mit seiner Statuette ein Schlüsselwerk moderner Plastik, in dem sich bereits die abstrahierenden, formauflösenden Tendenzen des 20. Jahrhunderts ankündigen.
Über die Erwerbung
Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg begann der Frankfurter Kunstkenner und Bibliophile Helmut Goedeckemeyer (1898–1983) eine der größten Privatsammlungen zur Druckgrafik von Käthe Kollwitz aufzubauen. Ergänzend erwarb er französische und deutsche Grafik des ausgehenden 19. Jahrhunderts, illustrierte Bücher von Max Slevogt oder Alfred Kubin sowie Kleinplastik von unter anderem Aristide Maillol. Im Ganzen umfasste die Sammlung mehr als 5.000 Werke. Dem Städel Museum war Goedeckemeyer seit den 1920er-Jahren eng verbunden. Ab 1959 war er mit seiner Frau Hedwig Mitglied im Städelschen Museums-Verein. Die Stadt Frankfurt erwarb 1964 die Kollwitz-Sammlung für die Städtische Galerie. Schenkungen an die Graphische Sammlung ergänzte 1970 die Übergabe von Honoré Daumiers „Ratapoil“ (Inv.-Nr. St.P391).