Über das Werk
Der frühverstorbene Heinrich Hoerle zählt zu den Kölner Progressiven, einer Künstlergruppe, die sich in den 1920er und frühen 1930er Jahren gegen die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft wandte, aber auch der Sozialkritik der Neuen Sachlichkeit distanziert gegenüberstand. Ihre Mitglieder – Heinrich Hoerle, Franz Wilhelm Seiwert, Gerd Arntz – wollten die Gesellschaft verändern und entschieden sich daher für eine reduzierte, klare Formensprache, die in ihrer Einfachheit und Eindeutigkeit allgemein verständlich sein sollte.
Auch die Zeichnung „Vordermann“ von Heinrich Hoerle ist von dieser Entscheidung getragen. In leuchtenden Farben sehen wir den Hinterkopf einer männlichen Figur, des titelgebenden ‚Vordermanns‘. Hoerle hat ihn typenhaft verkürzt und geometrisch abstrahierend gegeben – in leuchtende Farbflächen zerlegt wie überhaupt die ganze Komposition, auch die Landschaft mit Bäumen im Hintergrund, aus einzelnen bunten Formsegmenten zusammengesetzt ist, die farblich abgestimmt und dabei reich strukturiert sind. Hoerle, der als Autodidakt zeitlebens eine große Experimentierfreude bewies, hatte um 1931/32 Wachskreiden für sich entdeckt, die er in manchen Segmenten in langgezogenen Linien auftrug, in anderen mit gestrichelten, dann wieder kreisenden Bewegungen, und in deren Schicht er verschiedentlich ritzte, um die Farbtöne darunter oder das Papier freizulegen. All dies verleiht der im Prinzip so streng gebauten Zeichnung – trotz aller Flächengebundenheit – eine überraschend haptische und vor allem lebendige Wirkung. Auf ganz eigene Weise verarbeitete Hoerle dabei Einflüsse der Pittura Metafisica, des Kubismus, auch des Konstruktivismus.