Über das Werk
Die gleiche Ansicht erscheint auf der Vorder- und Rückseite einer Zeichnung in der École des Beaux-Arts in Paris (MRD 181r und v). Die Komposition auf der Vorderseite dieser Zeichnung zeigt flankierende Pinien im Mittelgrund rechts sowie eine Gruppe von Reisenden im Vordergrund, während die Zeichnung auf der Rückseite unmittelbarer dem vorliegenden Blatt in Frankfurt gleicht. Die Zeichnung auf der Rückseite des Pariser Blatts ist eine Entwurfsstudie in Rötel, wie Claude sie häufig angefertigt haben muss, wenn er begann, über eine Komposition nachzudenken. Solche Studien sind jedoch nur in wenigen Exemplaren erhalten.
Roethlisberger brachte die Zeichnungen in eine Reihefolge: Zunächst schuf Claude wohl die Vorderseite der Pariser Zeichnung, dann deren Rückseite sowie schließlich die zu einer Hirtenkomposition von 1638 (LV 27, MRP 26) hinführende Zeichnung in Frankfurt. Dieser Gruppe fügte Roethlisberger später noch eine die gleiche Ansicht darstellende Zeichnung hinzu (Roethlisberger 1983, Kat. 33); er vermutete, dass sich alle vier auf eine nicht weitergeführte Komposition beziehen.
Brugerolles vermerkte rund 20 Jahre später zwar ebenfalls die Abhängigkeit des Frankfurter Blatts von der Rückseite der Pariser Zeichnung, wies jedoch darauf hin, dass die Vorderseite der Pariser Zeichnung später als deren Rückseite und das Frankfurter Blatt entstanden sein muss (Brugerolles 2001, S. 150–152). Darüber hinaus bestätigte sie auf überzeugende Weise die Beziehung zu dem Gemälde. Die Zeichnungen haben eine Reihe wichtiger Details mit dem Gemälde gemeinsam; aufschlussreich ist vor allem die eindrucksvoll befestigte Stadt, die in allen vier Zeichnungen im Hintergrund erscheint.
Die Linierungen, die das Blatt in Frankfurt diagonal, horizontal und vertikal teilen, finden sich in mehreren Kompositionsstudien Claudes. Kitson vermutete, dass sie Claude – ähnlich wie die gebräuchlichere Quadrierung – dazu gedient haben könnten, seine Komposition von einem Blatt auf ein anderes oder auf das endgültige Gemälde zu übertragen. Russell glaubt hingegen, dass sie einen kompositorischen Zweck erfüllten. Auch Brugerolles betonte die Funktion dieser Linien als Gerüst, auf dessen Grundlage Claude den Effekt von räumlicher Tiefe und Staffelung erzeugen konnte, der ein charakteristisches Merkmal seiner Gemälde ist.
Über die Erwerbung
Im März 1815 vermachte der Frankfurter Kaufmann und Bankier Johann Friedrich Städel sein gesamtes Vermögen und seine Kunstsammlung der nach ihm zu benennenden Stiftung „Städelsches Kunstinstitut“. Den Bürgern der Stadt widmete er seine Stiftung jedoch ideell: Es möge die Frankfurter Bürgerschaft „zieren und ihr nützlich werden“. Auf diese Weise begründete er als erste Bürger im deutschsprachigen Raum ein öffentliches Kunstmuseum – unser heutiges Städel Museum. Seine Sammlung umfasste bei seinem Tod 476 Gemälde, rund 4.600 Zeichnungen, knapp 10.000 Druckgrafiken und wertvolle Bücher.