Über das Werk
Lachsfarben, Blutorangenrot, Rosé? Die Farbe, die das Gemälde dominiert, ist schwer zu definieren. Im Hintergrund ist sie etwas dunkler, als Inkarnat, als gemalte Hautfarbe, dagegen heller. In jedem Fall entwickelt sie ein spannungsreiches Verhältnis zum roten Haar und dem lila Rock der jungen Mutter, die gerade ihr Kind stillt. Reinhold Ewalds Umgang mit den verschiedenen Stilen der 1910er-und 1920er-Jahre ist experimentell. In diesem Gemälde vereint er Elemente seines eigenwilligen Expressionismus mit der gerade aufkommenden Neuen Sachlichkeit: Die Gegenstände sind summarisch und in Ewalds starker Buntfarbigkeit wiedergegeben. Die Komposition ist am Gesehenen orientiert, doch nicht sklavisch an ihm ausgerichtet – der Stuhl etwa ist zwar durch seinen Schlagschatten im illusionistischen Raum verortet, die Perspektive wird aber insgesamt mehrfach gebrochen. Von den Nationalsozialisten wurde das Bild als „entartet“ diffamiert. Um es zu retten, wurde es im Inventar des Städel Museums durch ein Landschaftsgemälde desselben Künstlers ersetzt und versteckt.
Über die Erwerbung
Eigentlich sollte das in privaten Kreisen gesammelte Geld für eine Kaiserbüste im Frankfurter Justizgebäude verwendet werden – „die politischen Ereignisse haben die Ausführung dieses Planes gehindert“, teilte dann aber der Initiator, Justizrat Ludwig Wertheimer, der Stadt Frankfurt im November 1919 mit. Nunmehr ohne Kaiser schwenkte man um zur expressionistischen Malerei. Von den gespendeten Mitteln wurden stattdessen je ein Gemälde von Reinhold Ewald und von Ernst Ludwig Kirchner erworben.