Über das Werk
Dank einer Spende der Stiftung Gabriele Busch-Hauck anlässlich des 90. Geburtstags der Stifterin konnte der Bestand italienischer Barockzeichnungen der Graphischen Sammlung des Städel Museums durch eine Rötel-Zeichnung des Florentiner Malers und Zeichners Cristoforo (auch: Cristofano) Allori bereichert werden. Die um 1600 entstandene Studie eines Knabenkopfes mit einer zur Seite gedrehten Schirmmütze ist ein aussagekräftiges Beispiel für den Stilwandel dieser Zeit vom Manierismus zum Frühbarock.
In einer amerikanischen Privatsammlung befindet sich eine weitere Rötel-Zeichnung Alloris, die denselben Knabenkopf mit Schirmmütze zeigt. Offenbar handelt es sich um eine Wiederholung der Frankfurter Neuerwerbung, bei der der Zeichner einerseits durch ein genaueres Herausarbeiten von Texturen und Volumen sowie einen offeneren Blick den Realismus erhöhte, andererseits das Gesicht schönte, indem er es harmonischer darstellte. Die Zeichnung des Städel Museums dürfte die ursprüngliche, unmittelbar nach dem lebenden Modell entstandene Studie sein. Sie ist durch einen ähnlichen inneren Gegensatz gekennzeichnet, der sich hier aber anders äußert: Auf der einen Seite offenbaren die unregelmäßigen Gesichtszüge den Wunsch des Künstlers nach einer genauen Erfassung der Realität, auf der anderen Seite sind die Flächigkeit der Darstellung, die Glätte der Oberfläche und der eher distanzierende Blick noch der Kühle des Florentiner Manierismus verpflichtet.