Über das Werk
Seit 1980 visualisiert das Künstlerpaar einen "lebenslänglichen Fotoroman". Er spielt im kleinbürgerlichen Milieu selbst gewählter Wohnungseinrichtungen. Dort, so scheint es, werden Beziehungskämpfe derart massiv ausgetragen, dass dem Paar die Gegenstände buchstäblich um die Ohren fliegen. Allerdings trügt der Schein. Es handelt sich um die fototechnische Simulation der parapsychologisch freigesetzten Fliehkräfte, denen sich Bernhard entsetzt im bieder flirrenden Glencheck-Sakko und Anna verschreckt in einem Kleid mit brav rotierenden Kringelmustern aussetzen. Körper und Raum werden so miteinander verspannt, dass eine Art Transzendentaler Konstruktivismus (1992–94) entsteht. Mit dieser Benennung der Foto-Arbeit spielen die Partner darauf an, dass man im Magnetfeld geistesgesteuerter Energien nicht gut Herr über die Schwerkraft von Körpern und architektonischen Elementen sein kann. Im Stuben- und Küchenbereich der spiritistischen Phänomene befindet sich einschließlich der Bewohner alles in Bewegung. Die traumatisierten Blumes prallen während ihrer Zimmerschlacht gegen Wände und Türen, als gelte es, an Körpern und Dingen das dadaistische Zerlegungsprinzip zu demonstrieren und dem lebenden Subjekt ein Schleudertrauma zu verpassen. Doch die Räume, in denen dies alles vorgeht, sind ja durch künstliches Licht transzendierte Konstruktionen: Was dort als weißer geometrischer Fleck erscheint, ist ein nicht greifbares Konstrukt, dessen Immaterialität die Personen anzieht wie das Licht die Motten. Gebeutelt von übersinnlichen Energien sind Biedermann und Biederfrau handlungsunfähig. Ohne die Möglichkeit, sich aus den persönlich geschaffenen Strukturen zu lösen, kleben sie fest zwischen den Bauelementen ihrer Lebensarchitektur. Anna und Bernhard Blume haben für diese ohnmächtige Raumfixierung zwischen deutscher Stube und deutschem Wald die Kamera als Instrument der Aufzeichnung gewaltsamer Lebens-Pantomimen entdeckt.