Vierwaldstätter See, Emil Nolde
Emil Nolde
Vierwaldstätter See
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Emil Nolde

Vierwaldstätter See, um 1931 – 1934


Blatt
340 x 470 mm
Material und Technik
Aquarell auf Japan-Velinpapier
Inventarnummer
SG 2940
Objektnummer
SG 2940 Z
Erwerbung
Erworben 1949 aus dem Nachlass von Dr. Carl Hagemann
Status
Kann im Studiensaal der Graphischen Sammlung vorgelegt werden (besondere Öffnungszeiten)

Texte

Über das Werk

In der deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts zählt Emil Nolde zu den führenden Aquarellisten. In diesem Medium behandelte er, ebenso wie in Malerei und Druckgraphik, Köpfe, Paare und phantastische Figuren, die flache Marschlandschaft der norddeutschen Küste, die Brandung des Meeres und die Weite des Himmels, und auch die Blumengärten seines 1927 gebauten Atelierhauses in Seebüll. Ausschließlich in Aquarelltechnik entstanden seine über 1300 kleinen "Ungemalten Bilder".

Ein Leben lang spiegeln die Aquarelle Noldes die Eindrücke und Erinnerungen seiner vielen Reisen. So berichten bereits frühe Beispiele vom Erlebnis fremder Exotik, als der Künstler 1913/14 eine einjährige Expedition in die Südsee begleitete. Der "Vierwaldstätter See" hingegen steht im Zusammenhang mit einer Reise in die Schweiz und dürfte um das Jahr 1930 entstanden sein. Doch wie stets ist auch dieses Aquarell der Landschaft eines Gebirgssees kein naturalistisches Abbild.

Keine einzige Linie findet sich in dieser Komposition aus Blau und Gelb. Sie ist in reiner Aquarelltechnik ausgeführt und entsprechend schnell musste der Künstler reagieren, um die lasierenden Farben mit dem Pinsel ohne mögliche Korrekturen auf dem angefeuchteten Papier zu verteilen. Im Prozess der Gestaltung entstand diese faszinierende Wirklichkeit eines Bildes aus Farben, die zugleich formgebend sind. Der Zufall, dem beim Aquarellieren viel Raum gegeben ist, blieb vom Künstler kontrolliert. Was zufällig und spontan wirken mag, ist in hohem Maße kalkuliert gestaltet und geordnet.

Das gelbe Licht der Sonne erscheint hinter einem blauen Gebirgsmassiv mit schneebedeckten Zonen, die ausgespartes Papier weiß aufscheinen lassen. Sein Gipfel ist von dem schweren horizontalen Wolkenfeld verdeckt, vor dem zu beiden Seiten dunkle, tiefblaue Gebirgszüge in den See hineinragen. Ihr Spiegelbild erscheint im geheimnisvoll changierenden Blau des Wassers. Dort, wo Blau und Gelb ineinanderzufließen drohen, leitet Nolde zu den Reflexionen des kalten Sonnenlichtes über, die sich zum Vordergrund hin in unregelmäßigem Verlauf verlieren.

Diese Komposition lebt aus dem Spannungsverhältnis der Nuancen zweier Farben und der aus ihnen erwachsenen Formen, die sich ebenso verbinden wie voneinander distanzieren: hervordrängendes Blau und zurücktretendes Gelb, transparent und verdichtet, dunkel und hell, kalt und warm, eine Korrespondenz zwischen oben und unten, zwischen links und rechts, zwischen Ferne und Nähe. Aus Polaritäten, der "Zweiheit", wie Nolde es nannte, wurde Harmonie.

Über die Erwerbung

Der Frankfurter Chemiker und Industrielle Carl Hagemann (1867–1940) trug ab 1900 eine der wichtigsten Privatsammlungen moderner Kunst zusammen. Sie umfasste zahlreiche Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle und Druckgrafiken, insbesondere von Künstlern der „Brücke“. Während des Zweiten Weltkriegs ermöglichte der damalige Städel-Direktor Ernst Holzinger den Erben des bei einem Unfall verstorbenen Carl Hagemann, die Sammlung gemeinsam mit dem Museumsbestand zu evakuieren. Zum Dank hierfür übereignete die Familie 1948 nahezu alle Papierarbeiten dem Städel Museum. Weitere Schenkungen und Dauerleihgaben, aber auch Ankäufe von Gemälden und Aquarellen aus dem Nachlass Hagemann halfen, die Verluste zu kompensieren, die das Museum 1937 im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ erlitten hatte. Die Sammlung Hagemann bildet heute den Kern der Expressionismus-Sammlung im Städel Museum.

Werkdaten

Werkinhalt

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Letzte Aktualisierung

15.11.2024