Der vermutlich um 1486 geborene Dosso Dossi wird erstmals im Aptil 1512 urkundlich fassbar, als er für ein heute verschollenes Gemälde fiir den Palazzo di San Sebastiano in Mantua bezahlt wurde. Die von Vasari berichtete Ausbildung bei dem seit 1506/07 in Mantua tätigen Hofmaler Lorenzo Costa ist nicht zu belegen; Dossos Stil spricht jedoch für eine frühe und intensive Begegnung mit der Kunst Giorgiones, so dass ein Venedig-Aufenthalt des jungen Malers hohe Wahrscheinlichkeit hat. Dosso muss sich im Sommer des Jahres 1513 in Ferrara niedergelassen haben, wie Zahlungen an ihn und an Garofalo für das monumentale Polyptychon für Antonio Costabili, heute in der Pinacoteca Nazionale in Ferrara, bezeugen. Um 1514 trat der Künstler (ähnlich wie sein jüngerer Bruder Battista) in den Dienst der Este-Herzöge von Ferrara, für die er bis zu seinem Tod tätig sein sollte und in deren Rechnungsunterlagen er regelmäßig auftaucht. Wie für einen Hofkünstler seiner Zeit üblich, schuf Dosso nicht nur Gemälde, sondern war ebenso für die künstlerische Ausgestaltung des Hofes bei unterschiedlichsten Anlässen verantwortlich; darüber hinaus wurde er von Herzog Alfonso I. wiederholt auf Reisen geschickt, so zwischen 1516 und 1519 mehrfach nach Venedig, 1517 nach Florenz, 1519 nach Mantua.
Neben seiner Tätigkeit für den Este-Hof übernahm Dosso aber auch weiterhin Aufträge von anderer Seite, so u. a. die Anfertigung von zwei großen Altartafeln für die Kapellen unterschiedlicher Bruderschaften in der Kathedrale von Mantua: Die noch heute an ihrem ursprünglichen Bestimmungsort befindliche Pala mit den Heiligen Sebastian, Johannes d. T. und Hieronymus wurde 1518 bestellt und 1521 geliefert, die Pala mit den vier Kirchenvätern mit dem Heiligen Bernhardin von Siena (ehemals Dresden, Kriegsverlust) wurde 1527 in Auftrag gegeben und wohl ein oder zwei Jahre später aufgestellt. Vermutlich im Jahre 1530 arbeitete Dosso mit seinem Bruder Battista im Auftrag der Herzogin Eleonora von Urbino an der Ausmalung der Villa Impériale bei Pesaro, 1531/32 waren beide Brüder für den Bischof von Trient, Kardinal Bernardo Cles, im Castello del Buonconsiglio zu Trient beschäftigt. Für Ercole II. d'Este führte Dosso 1536/37 heute verlorene Fresken in den herzoglichen Villen Belriguardo und Belvedere aus, 1540 lieferte er das heute in Dresden befindliche Gemälde des Heiligen Michael für den Palazzo del Corte in Ferrara. Bei einem Venedig-Besuch, den Dosso im Juni 1541 zusammen mit seinem Bruder unternahm, ist er letztmalig historisch fassbar; im Juni des folgenden Jahres wurde er bereits als verstorben genannt.
Da keines der erhaltenen Gemälde Dossos signiert oder datiert ist, stellt sein Œuvre die Forschung nicht nur mit Blick auf die Zuschreibung, sondern auch auf die zeitliche Ansetzung vor erhebliche Schwierigkeiten - die erst kürzlich vorgenommene Umdatierung des bereits genannten Costabili-Polyptychons ist hierfür ein besonders kennzeichnendes Beispiel. Wohl bedingt durch seine Tätigkeit als Hofmaler lieferte Dosso zahlreiche von antiker Mythologie angeregte Bilder, deren genaue inhaltliche Deutung indes häufig unklar bleibt. Expressiver Figurenausdruck spielt bei vielen seiner Werke eine ebenso wichtige Rolle wie die die Gestalten umgebende Landschaft. In gestalterischer Hinsicht fallen kühne Lichteffekte, differenzierte Oberflächenwiedergabe und ein glühend-warmes Kolorit auf, desgleichen ein ungemein offener Pinselduktus.