Die knappen Daten, die von Watteaus Leben bekannt sind, stehen in Widerspruch zur großen Bedeutung seiner künstlerischen Leistung, die in der französischen Malerei zu Beginn des 18. Jahrhunderts neue Maßstäbe gesetzt hat. Zu erwähnen wäre zunächst seine bescheidene Herkunft aus der damals Französisch besetzten flandrischen Provinz, die erste Ausbildung bei einem kaum bekannten heimischen Maler und die Übersiedlung nach Paris um 1702. Seine beiden dortigen Lehrer, Claude Gillot und Claude III Audran, haben Watteaus Begabung auf verschiedene Weise gefördert. Durch Gillot erfuhr er die in dem Thema Theater gegebenen bildnerischen Möglichkeiten und damit die Vorstellung einer mehrdeutigen Wirklichkeit. Von Audran erlernte er die Kunst der Arabeske, deren dialektische Verbindung von ornamentaler und figurativer Form seine Bildstruktur entscheidend bestimmt hat. Ebenso wichtig ist die Tatsache, dass Audran als Concierge des Palais du Luxembourg Watteau den Zugang zu Rubens‘ Medici-Galerie verschaffte und damit eine wesentliche Grundlage zu dessen stetiger Auseinandersetzung mit dem Flamen und anderen Alten Meistern legte.
Watteaus Wirksamkeit fiel in die Zeit der letzten Jahre der Regierung Ludwigs XIV. und des Beginns der „Régence“, in denen sich die starren, von Hof und Akademie bestimmten Normen lockerten und bei veränderten gesellschaftlichen Strukturen auch neue künstlerische Vorstellungen entstehen konnten. Vor diesem Hintergrund, durch die zunehmende Liberalität der Akademie gefördert, entwickelte Watteau die neue Bildgattung „Fête galante“, mit deren Titel er schließlich 1717 in die Akademie aufgenommen wurde (Zweiter Rompreis 1709, Zulassung 1712). Sein Bild „Le Pèlerinage à l’Ile de Cithère“ befindet sich im Louvre.
Verschiedene künstlerische Traditionen wohl kennend und sie auf unkonventionelle Weise nutzend, hat Watteau hiermit eine Bildgattung geschaffen, in der ideales Dasein als mögliche Realität dargestellt ist. Dies gelingt ihm, weil er elementare Natürlichkeit und hoch stilisierte Form – manchmal mit dem Mittel ironischer Distanz – verbunden hat.
Der oben geschilderten Situation entsprechend, fanden sich Watteaus Förderer kaum auf Seiten der öffentlichen Institutionen, sondern in Kreisen von Künstlern, Antiquaren, Verlegern und reichen aufgeschlossenen Bürgern. Unter letzteren ist vor allem der Bankier Pierre Crozat zu nennen, dessen Haus, mit einer großen Sammlung von Gemälden und Zeichnungen aller Schulen, gesellschaftlicher und künstlerischer Treffpunkt war, der in mancher Hinsicht die erziehende und bildende Funktion der Akademie übernahm.
Es gibt nur wenige Künstler wie Watteau, deren Lebensbeschreibungen – bei ihm sind es besonders viele – einer komplexen Persönlichkeit so breiten Raum gegeben haben. Seine Existenz eines hoch empfindlichen, psychisch und physisch gefährdeten Menschen hat nicht nur seine Zeitgenossen irritiert, sondern eine Vorstellung vom modernen Künstler, der Außenseiter und Neuerer zugleich ist, mitgeprägt. Die Öffentlichkeit scheuend, die Wohnung häufig wechselnd, verbrachte Watteau seine letzten Lebensjahre bei Freunden wie dem Maler N. Vleughels oder dem Kunsthändler Gersaint, für den er 1720 das berühmt gewordene Ladenschild (Schloss Charlottenburg) geschaffen hat.
Mit der Hoffnung auf Heilung seiner Krankheit (möglicherweise Tuberkulose) reiste Watteau noch 1719/20 nach London, wo er in Dr. Mead einen Gönner fand, der mit zum frühen hohem Ansehen seiner Kunst in England beigetragen hat.
Fast alle wichtigen Biographen Watteaus (Jean de Jullienne 1726, Gersaint 1744, Dezallier d’Argenville 1745, Comte de Calus 1748) weisen auf die Besonderheit und hohe Qualität seiner Zeichnungen hin. Watteaus bevorzugtes Medium war der Rötelstift oder jene Kombination von roter, schwarzer und weißer Kreide, wie sie einige der koloristisch orientierten Künstler der Akademie, La Fosse oder Coypel z.B., schon im ausgehenden 17. Jahrhundert benutzt hatten.
Ganz anders als die akademischen Maler, die ihre Modelle meist im Hinblick auf ihre Funktion innerhalb einer vorgeplanten Komposition studierten, zeichnete Watteau mit großer Intensität, offensichtlich rasch in verschiedensten Situationen nach der Natur oder nach Bildern und Zeichnungen Alter Meister. Seine uns überlieferten Blätter zeigen Figuren - häufig in sich bedingender Nachbarschaft wiederholender Details -, Landschaften, Ornamente und nur ganz selten Gesamtentwürfe.
Einen Teil solcher Studien benutzte Watteau dann weiter, indem er sie – oft mehrmals mit geringfügiger Veränderung – in seine Bildkompositionen integrierte und, durch den malerischen Prozess verdichtend, vollendete. Die hohe Wertschätzung und doppelte Bedeutung von Watteaus Zeichnung als untergeordnetes Bildelement und selbstständiges Kunstwerk fand in der Publikation von Jean de Jullienne „Figures de différents caractères 1716 bis 1728 Ausdruck und Bestätigung.