Über das Werk
Eine Frau wird sich fremd! Das Gesicht verbirgt viele Gesichter. Man hat diese Frau oft gesehen – mit einem Benzinkanister am Straßenrand, in den schrägen Winkel von New Yorker Hochhausfassaden gezwängt, historisch kostümiert und maskenhaft erstarrt, eingeschnürt in ein Korsett aus Prothesen, als Hausfrau und Vamp, als Puppe und Clown, als Model und Monster und Mordopfer. Erstmals trat Cindy Sherman 1977 in den Untitled Film Stills vor die eigene Kamera, auffällig den frigiden Schönheiten aus Hitchcock-Filmen verschwistert. Damals wurde aus der Lust an Verkleidungen das künstlerische Rollenspiel. Aus schwarz-weißer Vereinsamung geleitete die Darstellerin ihre Person in obszöne Positionen und in die krasse Farbigkeit mörderisch verwüsteter Tatorte. Zwischen erotischer Erwartung und greisenhafter Verwesung, unter Perücken und hinter Attrappen entpuppt sich die hässliche Seite der Schönheit. Zuletzt verschwindet die Künstlerin aus dem Bild und hinterlässt das plastische Stückwerk anatomischer Einzelteile. Was Betrachter, ob Frau oder Mann, aus den Porträts anspricht, ist das Fremde in ihnen selbst.